Mittelstandsempfehlung
Honorare 1999/2000
für literarische Übersetzung
(Quelle: mediafon / Mittelstandsgemeinschaft
literarische Übersetzerinnen und Übersetzer* in der IG
Medien und im Verband
deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher
Werke (VdÜ), Stand Juli 2002)
Am 1. Juli 2002 ist ein neues
Urhebervertragsrecht in Kraft getreten. Es soll allen Urhebern
eine angemessene Vergütung für die Nutzung ihrer Werke
sichern. In der Gesetzesbegründung heißt es zur Angemessenheit
der Vergütung: "Sofern eine übliche Branchenpraxis
feststellbar ist, die nicht der Redlichkeit entspricht, bedarf es
einer wertenden Korrektur... Ein Beispiel hierfür sind etwa
die literarischen Übersetzer, die einen unverzichtbaren Beitrag
zur Verbreitung fremdsprachiger Literatur leisten. Ihre in der
Branche überwiegend praktizierte Honorierung steht jedoch in
keinem angemessenen Verhältnis zu den von ihnen erbrachten
Leistungen."
Die folgenden Honorarempfehlungen basieren auf Marktbeobachtung
und spiegeln insofern eine Branchenüblichkeit wider, die auch
der Gesetzgeber als "unangemessen" gerügt hat. Die
tatsächliche Angemessenheit soll nun von Urheber- und Verwerterverbänden
bzw. Urheberverbänden und einzelnen Verlagen in gemeinsam ausgehandelten
Vergütungregeln bestimmt werden. Die Bundessparte Übersetzer
im Verband deutscher Schriftsteller hat hierzu am 1. Juli 2002 einen
Vorschlag für gemeinsame Vergütungsregeln vorgelegt.
Bis solche gemeinsamen
Vergütungsregeln (> als PDF) vorliegen, wird empfohlen,
im Übersetzungsvertrag den Passus hizuzufügen: "Nach
Vorliegen einer gemeinsamen Vergütungsregel nach § 36
UrhG wird dieser Vertrag entsprechend angepasst."
A. Buchveröffentlichungen
Grundvergütung
Grundvergütung ist das Honorar, das (spätestens) bei
vollständiger Ablieferung der Übersetzung fällig
wird und dem Übersetzer oder der Übersetzerin in jedem
Fall für eine mangelfreie Arbeit zusteht, unabhängig von
Art und Umfang der Verwertung durch den Verlag, z.B. also auch,
falls eine Veröffentlichung ganz unterbleibt.
Es wird empfohlen, bei Vertragsabschluss die sprachlichen und literarisch-ästhetischen
Anforderungen des Ausgangstextes und den erforderlichen Aufwand
für die Übersetzung differenziert zu bewerten. Die Bewertung
sollte sich in der Honorarhöhe ausdrücken. Zu diesem Zweck
sollte mit dem Vertragspartner vor Vertragsabschluss eine Einstufung
des Textes in eine der nachfolgend aufgeführten Honorarzonen
vorgenommen werden. Als Berechnungsmaß gilt die Normseite
von 30 Zeilen zu 60 Anschlägen (= Zeichen und Leerzeichen)
bei Wiedergabe der Abschnittgliederung, Leerzeilen usw. wie im Original.
Prosa, Honorarzone 1
Texte, für die ein sehr geringer Rechercheaufwand in der Ausgangssprache
notwendig ist
und/oder
nur ein sehr geringer Anspruch an die sprachlich-literarische Nachgestaltung
im Deutschen gestellt wird (z. B. leichte Texte zur Publikation
in Genrereihen wie Science-fiction, Fantasy, Krimi, Erotik usw.).
Für Texte dieser Kategorie sollte ein Grundhonorar von
DM 26,00 je Normseite
nicht unterschritten werden.
Diese Empfehlung gilt nicht für solche Texte der aufgeführten
Genres, für die der Verlag selbst oder der Originalverlag,
z. B. in seiner Werbung und Pressearbeit, literarischen Anspruch
reklamiert. Dies kann sich z. B. durch Publikation im allgemeinen
Hardcover-Programm des Verlages ausdrücken. Solche Texte sind
dann in Honorarzone 2 einzustufen.
Prosa, Honorarzone 2
Literarischer Text oder Sachtext mit durchschnittlichen Anforderungen
an die Nachgestaltung im Deutschen, das heißt:
- |
auf der hochsprachlichen Ebene angesiedelter Text |
 |
- |
nur gelegentliche Verwendung anderer Sprach- und Stilebenen
|
 |
- |
Wortschatz ermittelbar im Umfang gängiger ein- und zweisprachiger
Wörterbücher |
 |
- |
geringer Rechercheaufwand für spezielle Sachverhalte,
Zitate usw. |
Für Texte dieser Kategorie sollte ein Honorar von
DM 33,00 je Normseite
nicht unterschritten werden.
Prosa, Honorarzone 3
Literarischer Text oder Sachtext mit überdurchschnittlich
hohem Über-setzungsaufwand, das heißt:
- |
besondere lexikalische Schwierigkeiten, z. B.
häufiger Gebrauch von Slang, Argot, Dialekt, Berufs-, Sozial-
und anderem Jargon oder anderen Sondersprachen |
 |
- |
bewusste Regelverletzungen in der Originalsprache |
 |
-
|
Sprachspiele u. ä. Stilmittel |
 |
- |
syntaktische Besonderheiten |
 |
- |
häufige Zitate und Anspielungen |
 |
- |
Vorkommen spezieller kultureller, historischer, naturwissenschaftlicher
und technischer Sachverhalte |
 |
- |
verschiedene Stilebenen |
- |
gelegentliche Einschübe in gebundener Sprache (Reime,
Lieder, Verse, Sprichwörter usw.) |
 |
- |
sonstige stilistische Eigenarten, die hohe Ansprüche
an die sprachliche Gestaltung stellen. |
Falls mindestens drei Punkte zutreffen, sollte ein Grundhonorar
von
DM 38,00 je Normseite
nicht unterschritten werden.
Falls weniger als drei der genannten Punkte zutreffen, können
auch Zuschläge zum Grundhonorar Zone 2 bis zur Schwelle von
Zone 3 vereinbart werden.
Lyrik
Für Lyrik werden Abschlüsse nach Verszeilen, nicht unter
DM 5,00 pro Verszeile
empfohlen.
Bei strengen Formen wie festem Versmaß und Reimschema, speziellen
Strophenformen wie z. B. Sonett oder anderen besonders hohen Anforderungen
sind erheblich höhere Vergütungen angemessen.
Drama
Üblich ist eine Vergütung durch einen nicht rückzahlbaren
Vorschuss (mindestens 1000 bis 2000 DM, je nach Textlänge)
sowie damit zu verrechnende Tantiemen. Als Verhandlungsbasis kann
ein Satz von etwa 15 bis 20 % an den Gesamttantiemen gelten.
Erfolgsabhängige Vergütung
Eine Erfolgsbeteiligung soll nach dem Normvertrag für den
Abschluss von Verlagsverträgen stets vorgesehen werden. Es
wird empfohlen, dabei den Beteiligungssatz von
1,0% vom Nettoladenpreis
ab 10.001 verkauften Exemplaren
nicht zu unterschreiten.
Bei der Ermittlung der Auflage sind die verkauften Exemplare der
Originalausgabe und eventueller weiterer Ausgaben (z. B. Taschenbuch),
die im gleichen Verlag erscheinen, zusammenzuzählen.
Nebenrechte
Es wird empfohlen, eine Beteiligung von
10% vom Verlagsanteil
der Nebenrechtserlöse nicht zu unterschreiten.
Buchferne Rechte (z. B. Bearbeitung als Bühnenstück,
Film, für Hörfunk, Fernsehen und neue Medien) sollten
im Hinblick auf eine spätere Verwertung nicht abgetreten werden.
Verlagsanteil ist der Teil des Gesamterlöses (z.B. der Lizenzeinnahmen
für eine Taschenbuchausgabe), der dem Verlag nach Abzug der
Anteile für die Rechte am fremdsprachigen Original verbleibt.
Vom Erlös dürfen Unkosten des Verlages (z. B. durch Einschaltung
von Agenturen) nicht vor Ermittlung der Übersetzerbeteiligung
abgezogen werden.
B. Zeitschriften
Es wird empfohlen, bei Übersetzungen für Publikumszeitschriften
eine Grund- und Pauschalvergütung von
DM 50,00 je Normseite
nicht zu unterschreiten.
Die Normseite ist dabei ebenso definiert wie bei Buchveröffentlichungen.
Wird die Übersetzung mit Rücksicht auf den Satzspiegel
der Zeitschrift in einem abweichenden Seitenformat abgeliefert,
ist entsprechend umzurechnen; dabei sollen Erschwernisse bei der
Textgestaltung in die Honorarbemessung einfließen. Bei der
Vertragsgestaltung sollte darauf geachtet werden, dass nicht mehr
an Rechten eingeräumt wird als das Recht zum einmaligen Abdruck
in der spezifizierten Zeitschrift; die Ausschließlichkeit
der Rechtseinräumung sollte auf ein Jahr ab Erstveröffentlichung
begrenzt sein. Sind keine besonderen Absprachen getroffen, ist dies
nach den Bestimmungen des Urheber- und Verlagsrechts auch Vertragsinhalt.
Absprachen über ein Erfolgshonorar oder Nebenrechtsbeteiligung
erübrigen sich damit.
C. Audiovisuelle Medien
Es wird empfohlen, bei Übersetzungen für Hörfunk
und Fernsehen folgende Grund-vergütung pro Sendeminute nicht
zu unterschreiten:
DM 50,00 für redaktionelle Beiträge
DM 80,00 für Hörspiel
DM 160,00 für Fernsehspiel
Diese Sätze beruhen auf dem Vergütungstarif der IG Medien
mit einer großen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt,
sie sind umgerechnet auf Sendeminuten. Für privat-kommerzielle
Sender empfiehlt sich ein Abschluss auf dieser Basis.
Bei öffentlichrechtlichen Sendern sollte nach dem maßgeblichen
Vergütungstarifvertrag oder Honorarrahmen gefragt werden.
Bei literarischen Übersetzungen für Hör- oder Fernsehspiele
wird empfohlen, einen Vertrag mit Wiederholungsvergütung abzuschließen.
Bei der Übersetzung von Filmtexten wird empfohlen, folgende
Sätze nicht zu unterschreiten:
60 DM pro Normseite für Voice-over
2 DM pro Untertitel
4 DM pro Untertitel mit Timing bzw.
Simulation
D. Lieferung von Disketten; e-mail
Wenn der Vertragspartner die Lieferung des Textes auf einem elektronischen
Daten-träger (Diskette oder e-mail) zusätzlich zum ausgedruckten
Text oder auch ausschließlich wünscht und der Übersetzer
die mit dem Verlag abgesprochenen redaktionellen Veränderungen
selbst in die Datei einarbeitet, sollte ein
Zuschlag nicht unter DM 2,00 je Normseite
vereinbart werden.
Wird die Einarbeitung von Korrekturen nicht verlangt, sollte dennoch
eine Vergütung für die Lieferung des Datenträgers
gefordert werden. Angesichts der realen Satzkostenersparnis für
den Vertragspartner ist eine kostenlose Lieferung keinesfalls zu
empfehlen.
E. Weitere Zusatzleistungen
Zusätzlich zum empfohlenen Grundhonorar und den erfolgsabhängigen
Vergütungen sollten zusätzliche Leistungen, die nicht
zur eigentlichen Übersetzungsarbeit gehören, durch Honorarzuschläge
abgegolten werden. Das gilt z. B. für:
- fachliche oder wissenschaftliche Vorarbeiten (in der Regel notwendig
beim Sachbuch)
- Überprüfung des Originals auf Stimmigkeit
- Auswertung zusätzlicher Literatur
- Bearbeitung (z. B. Kürzungen)
- Verfassen von Anmerkungen
- Erstellen von Namensverzeichnissen
- Erstellen von Registern
- Eillieferung
Erläuterungen
Charakter dieser Empfehlungen
Diese Honorarempfehlungen für literarische Übersetzer
und Übersetzerinnen haben keine bindende oder verpflichtende
Wirkung. Die Mittelstandsgemeinschaft möchte damit allerdings
eine Orientierung über marktübliche Vergütungen und
Konditionen als Hilfestellung beim Abschluss von Übersetzungsverträgen
bieten.
Vertragsgestaltung
Diese Empfehlungen gehen davon aus, dass ein Übersetzungsvertrag
nach dem Muster des zwischen dem Börsenverein des deutschen
Buchhandels und der IG Medien abgeschlossenen Normvertrags abgeschlossen
wird. Diese Art der Vertragsgestaltung ist als angemessen und üblich
anzusehen. Abweichendes gilt für Veröffentlichungen in
Zeitschriften und audiovisuellen Medien (siehe unter B und C).
Alle angegebenen Vergütungen sind als Nettovergütungen
zu verstehen. Die gesetzliche Umsatz- oder Mehrwertsteuer (derzeit
7%) ist hinzuzurechnen, falls Steuerpflicht besteht; die Künstlersozialabgabe
des Vertragspartners darf nicht angerechnet werden.
Geltungsbereich
Diese Empfehlungen gelten für alle Vertragsabschlüsse
zwischen literarischen Übersetzern oder Übersetzerinnen
einerseits und Verlagen, Zeitschriften, Rundfunk- und Fernsehanstalten
usw. andererseits. Für Übersetzungen anderer Art (z.B.
Geschäftskorrespondenz) sind sie nicht gedacht.
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* Zur Mittelstandsgemeinschaft
Die Mittelstandsgemeinschaft literarische Übersetzerinnen
und Übersetzer in der IG Medien und im VdÜ ist ein Zusammenschluss
von literarischen Übersetzerinnen und Übersetzern, die
diese Tätigkeit selbständig im Hauptberuf ausüben.
Sie gibt diese Empfehlungen für Berufskolleginnen und -kollegen
als Hilfsmittel und Orientierungsmaßstab beim Abschluss von
Verträgen heraus. Diese Empfehlungen sollen ein Instrument
zur Verbesserung der Wetbewerbsbedingungen sein, bindende Wirkung
können und sollen sie aber nicht entfalten.
Grundlage der Empfehlungen
Die Honorarempfehlungen beruhen auf der Honorarumfrage 1998 der
Bundessparte Übersetzer im Verband deutscher Schriftsteller
(VS) in der IG Medien.
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