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Hinweis:
Im Jahre 2005 lag die Zahl der Freien Kulturberufe schon bei 198.000. (Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi), Referat Freie Berufe)
Von 2006 auf 2007 legten die Kulturberufe erneut um mehr als 6 Prozent zu. (Quelle: IFB und BFB)


ifK-info Nr. 20040916

In die eigenen Hände nehmen!
- Interessenvertretung für Freie Kulturberufe gegründet -

Wie heißt es doch so schön im Bericht des ehemaligen Bundesministers Dr. Werner Müller über die Lage der Freien Berufe, den er am 19. Juni 2002 dem Bundeskabinett vorlegte? "Freie Berufe erbringen aufgrund besonderer beruflicher Qualifikationen ihre Leistungen persönlich, eigenverantwortlich und fachlich unabhängig. Ihre Berufsausübung unterliegt in der Regel spezifischen berufsrechtlichen Bindungen nach Maßgabe staatlicher Berufsordnungen. Diese Berufsordnungen werden konkretisiert durch spezifische Satzungen, die von den beteiligten Selbstverwaltungsorganen erlassen werden. Kernprofil der Freien Berufe ist ihre hohe Professionalität, Verpflichtung gegenüber dem Allgemeinwohl, strenge Selbstkontrolle und Eigenverantwortlichkeit. (Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA))

Doch leider werden all diese positiven Charakteristika zumindest von uns "Kultur-"Freiberuflern durch die Gesellschaft bislang nur sehr differenziert wahrgenommen, vielfach kaum gewürdigt, und erst recht nicht immer standesgemäß vergütet. Denn während zum Beispiel Rechtsanwälte, Steuerberater und Ärzte staatlicherseits durch die gesetzlich festgeschriebenen Gebührenordnungen existentiell geschützt werden, stehen wir Vertreter der Freien Kulturberufe weiterhin ohne jedwede rechtliche Absicherung allein im Regen. Vollkommen unverantwortlich, wenn man bedenkt, dass wir einen Verfassungsauftrag (Artikel 5 des Grundgesetzes) erfüllen, und dass von den gegenwärtig in der Bundesrepublik Deutschland statistisch erfassten 817.000 Freiberuflern rund 187.000 - das sind zirka 23 Prozent (!) - den Kulturbereichen zuzuordnen sind, womit wir die größte Fraktion stellen. (Quellen: Deutsches Institut für Freie Berufe (IFB) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg sowie Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA))

So sind Zahlreiche von uns beispielsweise oft genug der Willkür ihrer Auftraggeber, die sie als "Kostendämpfungsfaktor" für ihre Unternehmen missbrauchen, schlichtweg völlig ausgeliefert. Eine Tatsache, die dazu geführt hat, dass etliche unserer Kollegen mittlerweile am Rande des Existenzminimums (oder sogar noch darunter) leben, und damit auch deren soziale Absicherung nicht mehr gewährleistet ist. Konkret bedeutet dies, dass schon heute zirka 30 (!) Prozent aller in der Bundesrepublik arbeitenden Freien Kulturberufler nicht mehr über genügend finanzielle Mittel für eine Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung verfügen! Und das, obwohl wir oft eine höhere Qualifikation vorweisen können, und wesentlich mehr Stunden in der Woche arbeiten, als viele unserer festangestellten Kollegen. (Quelle: Institut für Medienforschung und Urbanistik (IMU) Begleitforschung für mediafon, das Beratungs- und Kooperations-Netzwerk für freiberufliche Dienstleister im Medien- und Kommunikationssektor)

Nimmt man diese Aussage ernst - und sie muss im Interesse einer international wettbewerbsfähigen Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland ernst genommen werden - kommt man unweigerlich nur zu einer Schlussfolgerung: Mit der gegenwärtigen Ignoranz der Politik gegenüber der zum Teil katastrophalen Finanzlage von uns Freien Kulturberuflern sowie der teilweise sehr blauäugigen Untätigkeit des Gesetzgebers, der Entwicklung entsprechend entgegenzusteuern, droht der Gesellschaft in absehbarer Zeit nicht nur ein gravierendes soziales Problem - dessen Ausmaße in der Öffentlichkeit bisher nicht bekannt sind - sondern auch ein einschneidender Verlust an kultureller und deshalb gesellschaftlicher Zukunftsfähigkeit unseres Landes.
Wenn wir aus irgendeinem Grunde berufsunfähig werden, wird vielen von uns der Gang zum Sozialamt nicht erspart bleiben. Und auch eine breite Altersarmut in diesen Branchen ist schon jetzt vorprogrammiert. Das ist die eine, ganz individuelle Seite. Auf der anderen droht Deutschland ein deutlicher Verlust an kultureller Kreativität, inspirativer Bildung und intellektueller Kommunikation, was im größer werdenden Europa einer babylonischen Sprachlosigkeit gleichkommen wird. Da muss man sich nicht einmal auf PISA berufen. Wer wird sich, wenn sich diese Situation in potentieller Kontinuität verstetigt, in fünf, zehn oder zwanzig Jahren - wenn wir altersbedingt abtreten werden, oder müssen - noch als Freier Kulturberufler für dieses Land engagieren? Ohnehin droht schon jetzt der Verlust der Ernsthaftigkeit auf allen Ebenen der Gesellschaft, verliert Deutschland weltweit nicht nur an wissenschaftlich-technischer, sondern auch an kultureller Überzeugungskraft.

Wie in vielen anderen Wirtschaftszweigen auch werden viele, heute noch Festangestellte in den Kulturberufen zunehmend in die Selbstständigkeit gedrängt werden. Die Gruppe der "Freelancer" wird weiter wachsen. Allein den vergangenen zwölf Jahren ist unsere Zahl von circa 60.000 auf die bereits erwähnten mehr als 187.00 geklettert, Tendenz steigend.

Wir "Freien" sind gewohnt, unser Schicksal - trotz aller Widrigkeiten - doch immer wieder in die eigenen Hände zu nehmen. Aber meistens jeder für sich allein. Die Situation erfordert geradezu eine gemeinsame und unabhängige Interessenvertretung der Freien Kulturberufe. Die Gründung eines entsprechenden Vereins, der willens und in der Lage ist, unsere Belange zu vertreten und unsere Forderungen durchzusetzen, war längst schon überfällig. Deshalb haben wir den "ifk Interessenverein Freie Kulturberufe" gegründet.
 

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ifK-info Nr. 20040722

Die ältere und etwas ausführlichere Fassung vom 31.05.2003:
Freie Kulturberufe - eine Situationsanalyse

Freie unter Freien Wie heißt es doch so schön im Bericht des ehemaligen Bundesministers Dr. Werner Müller über die Lage der Freien Berufe, den er am 19. Juni 2002 dem Bundeskabinett vorlegte? "Freie Berufe erbringen aufgrund besonderer beruflicher Qualifikationen ihre Leistungen persönlich, eigenverantwortlich und fachlich unabhängig. Ihre Berufsausübung unterliegt in der Regel spezifischen berufsrechtlichen Bindungen nach Maßgabe staatlicher Berufsordnungen. Diese Berufsordnungen werden konkretisiert durch spezifische Satzungen, die von den beteiligten Selbstverwaltungsorganen erlassen werden. Kernprofil der Freien Berufe ist ihre hohe Professionalität, Verpflichtung gegenüber dem Allgemeinwohl, strenge Selbstkontrolle und Eigenverantwortlichkeit." (Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA))
Doch leider werden all diese positiven Charakteristika der Freiberufler durch die Gesellschaft bislang nur sehr differenziert wahrgenommen, vielfach kaum gewürdigt und erst recht nicht immer standesgemäß vergütet.
Während zum Beispiel Rechtsanwälte, Steuerberater und Ärzte staatlicherseits durch gesetzlich festgeschriebene Gebührenordnungen existentiell abgesichert werden, stehen die Vertreter der Freien Kulturberufe weiterhin ohne jedwede rechtliche Absicherung allein im Regen. Eigentlich völlig unverständlich, wenn man bedenkt, dass von den gegenwärtig in der Bundesrepublik Deutschland statistisch erfassten 760.615 Freiberuflern 160.500 - das sind ca. 21 Prozent! - den Kulturbereichen zuzuordnen sind, und sie damit die größte Fraktion stellen. (Quelle: Deutsches Institut für Freie Berufe (IFB) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen Nürnberg)

Quantität und Qualität

Doch handelt es sich hierbei nicht nur um eine quantitativ starke Gruppe. Die in den Freien Kulturberufen Tätigen leisten einen wichtigen Beitrag auch für die sozialkulturelle Entwicklung des Landes.
Und sie ermöglichen Unternehmen, Institutionen in staatlicher oder freier Trägerschaft sowie Kultur- und Bildungseinrichtungen flexibler auf sich wechselnden Bedingungen zu reagieren. So heißt es beispielsweise bereits in einem Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Januar 1982 in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden des Westdeutschen Rundfunks (WDR) Köln: "Die Rundfunkanstalten sehen in dem Institut der freien Mitarbeit eine Grundvoraussetzung der Bewältigung ihrer Aufgabe, Programmvielfalt und umfassende Information zu bieten und die Programme zugleich auf möglichst hohem Niveau zu halten. Die Heranziehung freier Mitarbeiter ermögliche es, in den Rundfunksendungen ein wesentlich größeres Feld politischen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Lebens, des Sports oder der Unterhaltung darzustellen, als ein gleichbleibender und fester Stamm von Mitarbeitern dies vermöchte. Sie ermögliche es ferner, wechselnden Bedürfnissen gerecht zu werden. Sie biete den Anstalten zugleich die Chance, auf ein größeres Potential an Phantasie, Einfallsreichtum, Fachkunde und Fähigkeiten zurückzugreifen und damit qualitativ bessere Programme anzubieten."
Man bedenke jedoch: Was hier so explizit über freie Rundfunkmitarbeiter gesagt wird, gilt in der Regel für alle freien Kulturberufler: Innerhalb der jeweiligen Branche stellt ein Freier - im Vergleich zu seinem fest angestellten Kollegen - meistens den motivierteren, fachkundigeren, flexibleren und moderneren Typ des Erwerbstätigen dar.
Trotzdem ist seine "größere professionelle Autonomie" (...) nicht wie bei Ärzten und Anwälten durch institutionalisierte Marktmonopole für die Erbringung von Dienstleistungen gesichert", wie Karin Gottschall und Sigrid Betzelt in ihrem Beitrag "Alleindienstleister im Berufsfeld Kultur - Versuch einer erwerbssoziologischen Konzeptualisierung" (ZeS-Arbeitspapier 18/2001) feststellen. Beide befassen sich seit einigen Jahren im Rahmen von diversen Forschungsprojekten im Zentrum für Sozialpolitik an der Universität Bremen mit den spezifischen Problemen von Freien Kulturberuflern.

Altersarmut und weitere Statusfragen

Eine weitere Parallele: "Die Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigen neben unbefristet angestellten Arbeitnehmern zahlreiche 'freie Mitarbeiter', die keinen Arbeitnehmerstatus haben und dem gemäß auch nicht den arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz genießen." (Quelle: Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Januar 1982 in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden des Westdeutschen Rundfunks (WDR) Köln, s.o.).
Daneben gibt es jedoch noch etliche weitere Bestimmungen des Arbeitsrechts, von denen Freie nur träumen können.
So sind zahlreiche Kulturberufler beispielsweise oft genug der Willkür ihrer Auftraggeber, die sie als Kostendämpfungsfaktor für ihre Unternehmen missbrauchen, schlichtweg völlig ausgeliefert. Eine Tatsache, die dazu geführt hat, dass viele KollegInnen mittlerweile am Rande des Existenzminimums (oder sogar noch darunter) leben - und damit auch ihre soziale Absicherung nicht mehr gewährleistet ist. Konkret bedeutet dies, dass schon heute ca. 30 Prozent aller in der Bundesrepublik arbeitenden Freien Kulturberufler nicht mehr über genügend finanzielle Mittel für eine Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung verfügen.
Und das, obwohl sie oft über eine höhere Qualifikation verfügen und wesentlich mehr Stunden in der Woche arbeiten, als ihre fest angestellten KollegInnen. (Quelle: Institut für Medienforschung und Urbanistik (IMU) - Begleitforschung für mediafon, das Beratungs- und Kooperations-Netzwerk für freiberufliche DienstleisterInnen im Medien- und Kommunikationssektor). Verfolgt man diesen Gedanken weiter kommt man unweigerlich zu folgendem Ergebnis: Die Ignoranz der Politik der zum Teil katastrophale Finanzlage der Freien und die Untätigkeit des Gesetzgebers droht der Gesellschaft in absehbarer Zeit ein gravierendes soziales Problem, dessen Ausmaße auch in der Öffentlichkeit bisher nicht bekannt sind.
Schon wenn sie aus irgendeinem Grunde berufsunfähig werden, wird vielen Freien Kulturberuflern der Gang zum Sozialamt nicht erspart bleiben. Und auch eine breite Altersarmut in diesen Branchen ist schon jetzt vorprogrammiert.

Schwarze Schafe und andere seltsame Tiere

Doch Freie kämpfen nicht nur gegen den Status als Kostendämpfungsfaktor, den sie in den Köpfen vieler Auftraggeber inne zu haben scheinen. Der Druck, unter dem sie arbeiten, wird noch durch einen anderen Umstand verstärkt: Bei den künstlerischen und publizistischen Tätigkeiten handelt es sich "um offene Berufe ohne geschützte, zertifizierte Bezeichnungen, die mit anderen Berufsgruppen um dieselben Märkte konkurrieren. Zugang zu den Kulturberufen erhalten Absolventen verschiedenster Aus- und Weiterbildungsgänge an öffentlichen Universitäten und Fachhochschulen, aber auch an privatwirtschaftlich organisierten Einrichtungen beispielsweise der Verlags- oder Designerindustrie. Weder für die Ausbildungsinhalte, noch für berufliche Qualifikationen existieren einheitliche Standards, geschweige denn gesetzliche Festlegungen (Stooß 1999)" , wie Gottschall und Betzel in ihrem Arbeitspapier weiter dokumentieren.
Das bedeutet, dass Freie Kulturberufler sich selbst in ihrem hauseigenen Feld auch noch mit einer ganzen Herde schwarzer Schafe um die ohnehin schon mager- und schwindsüchtigen Tantiemen streiten müssen. Die fehlenden Zugangsbestimmungen für die Ausübung kulturberuflicher Tätigkeiten lädt ja unqualifizierte "Dienstleister" geradezu ein, sich den Auftraggebern zur Verfügung zu stellen und die Honorarforderungen der Freien, die davon leben (müssen), zu unterlaufen.
Da erscheint es fast wie Hohn, wenn angesichts dieser Gesamtsituation und des Beitrages, den "wahre" Freie an der Gesellschaft leisten, beispielsweise der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) eine "Initiative Qualität im Journalismus" (IQ) ins Leben ruft, um "Kräfte zu bündeln, die Qualität im Journalismus fördern und sichern", wie Katharina Scheurer und Klaus Forster in ihrem Artikel "IQ - Jetzt muss gebaut werden" ("Journalist", Ausgabe 04/2002) schreiben, und dabei das Problem der Zulassungsrichtlinien oder -beschränkungen von Journalisten nicht einmal erwähnen.
Stattdessen wird eine Schattendiskussion über das Für und Wider von Qualitätskriterien im Journalismus angezettelt. Dabei sind es doch nachgewiesenerweise gerade die Freien, die Qualität (zu Dumpingpreisen) liefern (müssen).

Es ist an der Zeit!

Wie in vielen anderen Wirtschaftszweigen wird es auch in den Kulturberufen immer mehr Freie geben. Allein den vergangenen zehn Jahren ist ihre Zahl von ca. 60.000 auf über 160.500 geklettert, Tendenz steigend. Deshalb ist ein unabhängiger Verband, der willens und in der Lage ist, die Interessen der Freien Kulturberufler zu vertreten und ihre Forderungen durchzusetzen, dringend notwendig!

Dr. Michael Schäf
Adriana Rossi
31.05.2003

 
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